Sicherheit von Nanopartikeln: Dreidimensionales Leberzellmodell zur verbesserten Bewertung

11. April 2019

Wissenschaftler der Forschungsgruppe Nano Zell Interaktionen am INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien untersuchen gemeinsam mit Mitarbeitern der Firma Pharmacelsus GmbH ein dreidimensionales Leberzellmodell, um neue biomedizinische Anwendungen von Nanopartikeln zu prüfen. Ziel ist es die Sicherheit neuartiger Anwendungen von Anfang an verlässlich zu beurteilen. Im Unterschied zu herkömmlichen zweidimensionalen Zellmodellen ist es im dreidimensionalen Zellmodell möglich, verschiedene Biomarker mit Informationen zur Eindringtiefe der Nanopartikel in das Gewebe zu kombinieren.


Links: Das Fluoreszensbild zeigt den Querschnitt eines dreidimensionalen Lebergewebemodells (grün: Zellskelett, blau: Zellkerne) mit Silikananopartikeln (magenta) am äußeren Rand.
Rechts: Elektronenmikroskopisches Bild eines Leberzellmodells. Im Randbereich des Mikrogewebes sind einzelne Nanopartikel erkennbar (helle Punkte im Detailbild).

Der Einsatz von Nanopartikeln bietet zahlreiche Möglichkeiten für biomedizinische Anwendungen. Umso wichtiger ist es, eventuelle Nebenwirkungen der auf Nanopartikeln basierenden Medikamente schon in der Entwicklungsphase zu erkennen. Die Leber spielt eine wichtige Rolle für die Sicherheitsbewertung von Nanopartikeln, da dort viele Medikamente und Schadstoffe abgebaut werden. „Nanopartikel, die zum Beispiel als Kontrastmittel in den Blutkreislauf gegeben werden, gelangen in die Leber. Aus diesem Grund verwenden wir verbesserte Zellkulturmodelle der Leber für unsere Untersuchungen“, meint Annette Kraegeloh, Leiterin des Forschungsbereiches Nano Zell Interaktionen des INM.

Die bisher verwendeten zweidimensionalen Zellmodelle haben den Nachteil, dass sich die Zellen anders verhalten als Zellen, die in ein dreidimensionales Gewebe eingebunden sind. „Kultiviert man Leberzellen als Mikrogewebe – also Kügelchen von etwa einem halben Millimeter Durchmesser – so produzieren sie beispielsweise ein Protein, dass in der Leber die Gallengänge auskleidet. Auch ist die Genexpression für bestimmte Enzyme, welche Medikamente verstoffwechseln, erhöht. Damit eignen sie sich besser als Untersuchungsmodell als zweidimensionale Zellmodelle, bei denen Leberzellen nur in einer Schicht auf einer Oberfläche wachsen“, erklärt Jana Fleddermann, Erstautorin der nun erschienenen Studie. Das dreidimensionale Leberzellmodell lässt außerdem Rückschlüsse darauf zu, wie tief Nanopartikel in das Gewebe eindringen – ein weiterer Vorteil gegenüber dem herkömmlichen Modell.

Die Forscher des INM und der Pharmacelsus GmbH haben bereits Siliziumdioxidnanopartikel (SiO2) mit einem Durchmesser von etwa 100 nm am Modell getestet. SiO2-Nanopartikel haben mögliche Anwendungen als Biosensoren, als Medikamententräger und als Kontrastmittel in bildgebenden Untersuchungen. Um die Partikel im Mikroskop erkennen zu können, bauten die Wissenschaftler einen Farbstoff in die Nanopartikel ein. Die Nanopartikel drangen von außen maximal 20 µm (etwa 3 Zellschichten) in das Mikrogewebe ein. Mit Medikamenten beladene SiO2-Nanopartikel dieser Größe könnten also möglicherweise nicht bis zu erkrankten Zellen im Inneren des Gewebes vordringen, können aber ihre „Ladung“ nahe dem Zielgewebe absetzen. Es zeigte sich weiterhin, dass die getesteten Nanopartikel für die Zellen gut verträglich waren und das Größenwachstum der Leberzellkügelchen nicht messbar beeinträchtigten. Ziel zukünftiger Studien könnte sein, verschiedene Zelltypen der Leber gemeinsam zu kultivieren, um so ein noch realistischeres Modell der Leber zu entwickeln.

Publikation (frei zugänglich):

J. Fleddermann, J. Susewind, H. Peuschel, M. Koch, I. Tavernaro, A. Kraegeloh, Distribution of SiO2 nanoparticles in 3D liver microtissues. Int. J. Nanomed, 2019, 14, 1411-1431. https://doi.org/10.2147/IJN.S189888

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin am INM:

Dr. Jana Fleddermann

Hintergrund:

Die Studie wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Kooperationsnetzwerks NanoPharm des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) im Projekt „MORPHEUS“ finanziert. Die Publikation mit freiem Zugang wurde vom Open-Access-Publikationsfonds der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt.

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