Die menschlichen Atemwege sind von einer Schleimschicht bedeckt. Die Schleimschicht bildet eine effektive Barriere gegen Bakterien und Schadstoffe. So werden die Atemwege vor Krankheiten geschützt. Andererseits können auch Medikamente die Mucusschicht, die die gesamten Atemwege in unterschiedlicher Dicke bedeckt, schwer durchdringen. Neben geringen Mengen an Proteinen, Lipiden, Salzen, Zellen und Zellresten besteht der Schleim dieser Schicht zu 95 % aus Wasser. Diese große Menge an Wasser wird von Mucinen – das sind Glykoproteine, also Proteine, die mit langen Zuckerketten verbunden sind – zu einem Gel gebunden.
Der hohe Wassergehalt des Mucus stellt Wissenschaftler:innen dabei vor eine Herausforderung: Herkömmliche hochauflösende und bildgebende Analysemethoden werden im Vakuum durchgeführt. Im Vakuum verdampft das strukturgebende Wasser, was zu einer starken Änderung der ursprünglichen Mucusstruktur führt.
In ihrer aktuellen Studie „Visualization of the structure of native human pulmonary mucus“ haben sich Enkeleda Meziu und Koautoren vom INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien, der Arbeitsgruppe Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie der Universität des Saarlands, und der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Klinikums Saarbrücken untersucht, wie die Mucusstruktur noch besser beschrieben werden kann.
Sie verglichen unterschiedliche Abbildungsmethoden und fanden heraus, unter welchen Bedingungen sich die natürliche Struktur des Mucus besser abbilden lässt. Zunächst wurde den Proben Wasser entzogen: große, luftgefüllte Poren bildeten sich, die Struktur ähnelte der eines Schwamms. Mithilfe lichtmikropskopischer Methoden wurde anschließend gezeigt, dass der Mucus ohne Wasserentzug eine eher kompakte Struktur ohne ein regelmäßiges Porenmuster aufweist. Darin sind die verschiedenen Mucine eingebettet.
Weiterführende Analysen sollen nun zeigen, welche Arten von Partikeln die Mucusbarriere überwinden können. Solche Partikel sollen eingesetzt werden, um Wirkstoffe besser in oder durch diese Schleimschicht zu ihrem Ziel zu transportieren. So könnten die Wirkstoffe direkt an ihren Wirkort gelangen – Wirkstoffmenge und damit auch mögliche Nebenwirkungen würden verringert. Andererseits können unerwünscht eindringende Nanopartikel den Körper beeinträchtigen. „Eine Frage, die beantwortet werden soll ist, welche Eigenschaften der Partikel dazu beitragen, dass sie die Mucusschicht überwinden.“, erklärt Dr. Annette Kraegeloh, Mitautorin der Studie.
Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen wollen die Forschenden nun Zellversuche verbessern. Parallel untersucht Frau Meziu daher im Rahmen ihrer Doktorarbeit, ob im Labor kultivierte Atemwegszellen aus den Bronchien eine Mucusschicht mit vergleichbarer Struktur bilden. “Gut charakterisierte Mucusmodelle sind eine Voraussetzung für die Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit von Drug-Delivery-Systemen. Humane Mucusproben sind schwer zugänglich und die Proben der Probengeber:innen unterscheiden sich deutlich. Daher untersuchen wir In-vitro-Schleim als alternatives Modell das besser verfügbar ist.”
Die Forschenden haben die Versuchsbedingungen so verändert, dass die von den Zellen gebildete Mucusschicht, ähnlich wie in den Atemwegen, mit Luft in Kontakt ist. Um zu modellieren, wie Partikel auf den Mucus treffen, setzt Enkeleda Meziu einen Nebulator ein, also ein Gerät in welchem die zu untersuchenden Partikel in feinen Wassertröpfchen in der Luft verteilt werden. Die so entstehenden Aerosole treffen dann auf die darunterliegenden Zellen. So wird das Einatment von Aerosolen realistisch nachgestellt. Marc Schneider, Leiter der Arbeitsgruppe Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie der Universität des Saarlands: „Mögliche Anwendungsgebiete solcher Systeme ist die Testung von Aerosolpartiklen und ihrem Verhalten nach der Deposition in der Lunge. Dabei steht auch die Behandlung von bakteriellen Infektion, die als Begeleiterscheinung verschiedener Lungenerkranken auftritt im Fokus“. Wie die Arbeit mit dem Nebulator aussieht, wird im Video oben gezeigt.